Smart Services
In der Industrie 4.0 vernetzen sich die digitale und die physische Welt immer stärker. Daten- und dienstebasierte Leistungen stellen Dienstleister vor neue Herausforderungen.
Das Ziel sind Smart Services. Sie bieten weitreichende Möglichkeiten und Chancen, von innovativen Wegen der Kundenbindung bis zu neuen Geschäftsmodellen. Es kann einem schon ein bisschen schwindlig werden bei manchen Scifi-Begriffen aus der smarten neue Service-Welt. Digital vernetzte Dienstleistungen einer Industrie 4.0 bewegen sich zwischen den Polen der Full Artificial Service Reality und der Augmented Service Reality.
Aber immer schön mit den Füßen auf dem Boden bleiben: Was ein wenig nach dem Scifi-Kino-Klassiker „Blade Runner“ klingt, beschreibt schlichtweg Dienstleistungen, die entweder komplett durch digitale Systeme mit einer Kommunikation von Maschine zu Maschine erbracht werden oder durch ein Zusammenwirken von Mensch und Maschine, wie es bei mobilen Anwendungen, Online-Portalen oder etwa Sharing Services der Fall ist – den Smart Services.
Optimierte Serviceangebote
Smart Services erlauben Dienstleistern die Optimierung ihrer Serviceleistungen durch digitale Unterstützung. Dienstleistungen können zielgruppenspezifischer, schneller und hochwertiger erbracht werden. So können Servicetechniker sich in das Laptop ihres Kunden einloggen und technische Probleme ad hoc aus der Ferne lösen. Produzenten von technischen Geräten halten über die gesamte Lebensdauer des Produktes Kontakt zum Kunden und bieten Zusatzdienste wie vorausschauende Wartungen an. Smart Watches zählen gelaufene Kilometer, messen den Puls und Blutdruck ihres Trägers. Sie sind Teil der Produktpalette Smart Wearables und werten Fitnessdaten aus.
„Die IFA 2016 hat gezeigt, wie sehr Smart Services bereits den privaten Bereich erobert haben,“ so ISS-Gründer Michael René Weber.
Intelligente Kühlis und Smart Grids
Manche der smarten Servicelösungen stecken noch in den Kinderschuhen. Intelligente Kühlschränke warnen, wenn das Verfallsdatum gelagerter Produkte abläuft, sie machen Rezeptvorschläge auf Basis der vorhandenen Waren und erstellen Einkaufslisten. Noch benötigen diese Kühlschränke nicht gerade wenig Unterstützung ihrer Besitzer: Sie brauchen „Datenfutter“ – alle eingekauften Produkte müssen per Touchscreen eingeben werden. Doch auch dies wird nur vorübergehend so sein, der QR-Code löst schon viele solcher Themen. Eine andere Innovation gilt als große Hoffnung der Energiewende. Sogenannte Smart Grids vernetzen Stromkunden und -anbieter näher. Intelligente Stromzähler werden den individuellen Verbrauch von Haushalten erfassen und mit der aktuellen Stromversorgung abgleichen. So werden einerseits Kosten gespart und andererseits erneuerbare Energien gefördert werden.
Zusätzliche Skills
Keine Frage, die immer neuen digitalen Möglichkeiten werden sich in neuen Angeboten für Kunden niederschlagen. „Disrupted Business Models“ sind als Folge die eine Seite der Medaille. Denken Sie beispielsweise an die Hersteller von Telefonen. Wie oft brauchen Sie Ihr Festnetztelefon noch? Die andere Seite der Medaille sind neue Geschäftsmodelle.
Doch was bedeutet dies für das Service-Produktmanagement, Service Marketing, für Mitarbeiter im Servicevertrieb und Service Sales und vor allem für Operations? Ist Ihr konventionelles Know-how ein Auslaufmodell?
Keineswegs, aber es sind zusätzliche Qualifikationen aus dem IT-Kontext nötig. Dabei handelt es sich vor allem um das Wissen von Möglichkeiten und Nutzen IT-basierter Lösungen. Data-driven Business Models sind das eine, mit Kunden gemeinsam geschaffene Lösungen sind das andere. Auch hier spielt das Internet als Enabler eine entscheidende Rolle. Es sind Transformationsprozesse, in denen neue Tools und Techniken eingesetzt werden und Mitarbeiter entsprechend „abgeholt“ werden sollten.
Und letztlich kommt es nicht darauf an, was möglich ist: Es ist der Kunde, der definiert, welche Lösung sinnvoll ist.
Eher Chance oder Konkurrenz?
Heute hat die Mehrheit der deutschen Unternehmen den ersten Schritt in die digitale Welt getan. Sie nutzt Online-Plattformen, vernetzt ihre Prozesse und Produkte oder hat dies zumindest ernsthaft vor. Der zweite Schritt, nämlich der zum Anbieter von Smart Services, fällt ihnen oft schwerer, stellt das IHK-Unternehmensbarometer 2016 fest. Und das, obwohl 67 Prozent der Unternehmen in den Smart Services überwiegend Chancen und „nur“ 43 Prozent vor allem zusätzliche Konkurrenz sehen.
Hier fehlt es offensichtlich noch an notwendiger Überzeugung. Denn: „Der Digital Change kann nur Top-Down gehen“, so Netzökonom Dr. Holger Schmidt, Focus, auf dem ISS TrendWorkshop Service 2015. Brennt die Führungskraft nicht für den Trend, wird er sich in seinem/ihrem Unternehmen nicht umsetzen lassen.
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Deutschland als digitaler Leitanbieter
Wie wichtig die Entwicklung von Smart Services für den Standort Deutschland ist, wird aus den Umsetzungsempfehlungen deutlich, die der „Arbeitskreis Smart Service Welt“ auf der CeBIT 2016 Wirtschafts- und Umweltminister Sigmar Gabriel übergab. Etablierte deutsche Dienstleister und Produzenten würden Gefahr laufen, so die Autoren, zu Zulieferern degradiert zu werden, wenn internationale Internetanbieter mit ihren Smart Services immer mehr Branchen erobern. Ziel müsse daher die „digitale Leitanbieterschaft“ für Smart Services made in Germany sein.