Von Helikoptern und Seitenwechseln

Von Helikoptern und Seitenwechseln

Interview mit Daniel Schultheiß, After Sales Services der Oskar Frech GmbH + Co. KG

Daniel Schultheiß ist heute verantwortlich für die Abteilung Gebrauchtmaschinen und Überholungen im „Vertrieb Service“ der Oskar Frech GmbH + Co. KG, Weltmarktführer im Bereich der Druckgießtechnologie. Nach der Schließung der Solinger Niederlassung im Jahr 2008 wurde der gesamte Geschäftsbereich, in dem er bis dahin als Servicetechniker im Innen- und Außendienst tätig war, in das Stammhaus nach Schorndorf verlagert. Es begann ein Transferprozess, der umfangreiches Wissen in Sachen Projektmanagement und Servicevertrieb verlangte. Daniel Schultheiß ergriff die Chance und übernahm die Mammutaufgabe – unterstützt durch die ISS International Business School of Service Management.

 

ISS: Jedes Kind kennt sie, seit Generationen – Märklin Modelleisenbahnen und Siku Spielzeugautos. Was aber die wenigsten wissen: Diese Klassiker der Kleinen verdanken ihr Antlitz der Oskar Frech GmbH + Co. KG.

Daniel Schultheiß: „Die Lokgehäuse der Eisenbahnen und auch die Gehäuse der Spielzeugautos werden seit  mehreren Jahrzehnten auf unseren Druckgießmaschinen hergestellt. Ein Beispiel aus der schönen Spielwarenwelt. Stark vertreten sind wir aber auch in der Beschlagindustrie. Wenn Sie beispielsweise einen Schrank aufbauen, gibt es kleine Teile, die Sie um 90 Grad drehen müssen, um Boden und Deckel zu befestigen. Diese Teile fallen zu Millionen-Stückzahlen aus unseren Maschinen. Beschläge, hochwertige Notebook-Gehäuse, Motorblöcke, Getriebegehäuse bis hin zu ganzen Autotüren werden auf unseren Maschinen gegossen.“

 

Ihr Unternehmen ist als Hidden Champion im Bereich der Druckgießtechnologie Weltmarktführer. Weitere Geschäftsfelder sind der Werkzeugbau, der After-Sales-Service und der 3D Metalldruck. Welche Bedeutung hat der Service für Oskar Frech GmbH & Co. KG?

„Mit dem Bereitstellen der Druckgießmaschinen an sich unterstützen wir unsere Kunden mit einer schnellen und zuverlässigen Verfügbarkeit aller wichtigen Ersatz- und Verschleißteile. Außerdem optimieren wir Maschinen im Produktlebenszyklus mit Blick auf kürzere Zykluszeiten, geringeren Energieverbrauch, höhere Produktqualität und Bedienkomfort. Keine Warteschleifen und ständig wechselnde Betreuer, sondern vertraute Ansprechpartner mit hohem technischem Fachwissen, eben ein kundenorientierter Service ist dabei das A und O in unserem Business.“

 

Herr Schultheiß, Sie sind nach der Ausbildung als Servicetechniker im Außendienst bei Oskar Frech eingestiegen und leiten nun schon seit fünf Jahren die Abteilung „Gebrauchtmaschinen und Überholungen“. Wie kam es dazu und wofür sind Sie in Ihrer Position verantwortlich?

„Innerhalb des Bereichs Service betreue ich die Abteilung für Gebrauchtmaschinen und Überholungen und bin hier speziell für die Warmkammerdruckgießmaschinen zuständig, das Kerngeschäft der Oskar Frech GmbH + Co. KG. Mein Schwerpunkt ist der Vertrieb und die Technik. Ich stimme die gesamten technischen Anforderungen für Angebote und Aufträge mit den Kunden ab und gebe die Details in die Fachabteilungen weiter. 2008 hat sich die Firma entschieden, unsere Niederlassung in Solingen zu schließen und das Geschäftsfeld in das Stammhaus Schorndorf als Montagekompetenzbündelung anzusiedeln. Es wurde jemand gesucht, der das technische Wissen transferiert. Die Chance habe ich ergriffen. Mit diesem Schritt sind auch sämtliche Vertriebsaktivitäten auf mich übergegangen. Das war eine riesige Herausforderung, denn für den Transfer des Geschäftsfeldes war neben dem technischen Wissen auch die gesamte Prozessabstimmung größerer Überholungsprojekte gefragt. Ich musste mich in die Lage versetzen, diese Projekte ganzheitlich und nicht wie bisher von der rein technischen Seite zu managen.“

 

Wie hatten sich dann die Anforderungen an Ihr Jobprofil mit der Standortverlagerung verändert?

„Mein Aufgabengebiet ist quasi explodiert. Bis dahin hatte ich etwa zehn Prozent der gesamten Prozesskette zu bewältigen. Heute sind es von der Akquisition über das Angebot, den Auftrag und die Umsetzung bis zum After Sales 100 Prozent. Hinzu kam, dass sich der Zeitraum eines Projekts vom ersten Kundenkontakt bis zur Auslieferung teilweise über zwei Jahre erstreckt, und es laufen natürlich mehrere Projekte gleichzeitig.“

 

Wie kam es in dieser Situation zur Zusammenarbeit mit der ISS International Business School of Service Management?

„Mein jetziger Vorgesetzter kannte die ISS bereits durch ein Projekt für seinen früheren Arbeitgeber und gab mir den Hinweis. Ich entschied mich 2013 für die Teilnahme am Lehrgang ,Certified Projektmanager Service‘, zwei Jahre später kam dann der ,Certified Fachberater Service‘ hinzu.“

 

Inwieweit hat Sie der Lehrgang „Certified Projektmanager Service“ im Tansferprozess während der Standortverlagerung unterstützt?

„Um die Vielzahl der Projekte und deren Komplexität handeln zu können, musste ich die ,Helikopterperspektive‘ einnehmen. Dafür war es notwendig, die veränderten Anforderungen an Serviceprojekte zu verstehen, das Thema Kundenorientierung mit wirtschaftlicher Effizienz zu verbinden, interne wie externe Schnittstellen zu definieren, aber auch hilfreiche Projektmanagement-Tools an die Hand zu bekommen. Auch das Thema Projektkommunikation haben wir behandelt. Teil des Lehrgangs war ein Real Life Project, das mich zur Abschlussprüfung führte. Hier ging es um das Projektmanagement einer Schließteilüberholung eines unserer Kunden. Heute verwenden wir einige der hier erarbeiteten Standards, beispielsweise bei der Erstellung einer Timeline, als Standardraster für den Bereich Service.

 

Dann ging es aber noch weiter ...

„Mit der Standortverlagerung rückten der Vertrieb sowie die Kundenberatung und -betreuung immer stärker in meinen Fokus. Nach den positiven Erfahrungen mit dem ‚Projektmanager Service‘ entschied ich mich 2015 für einen weiteren Lehrgang an der ISS Business School, den ,Certified Fachberater Service‘. Die Trainer haben uns ein Verständnis für Marketing und Controlling und deren Bedeutung für den Servicegeschäftsprozess vermittelt. In kleinen Gruppen wurde kundenorientiertes Denken und Handeln trainiert, Kundengespräche geführt und Konfliktsituationen gelöst – eine Voraussetzung für langfristige Kundenbeziehungen.“

 

Was war Ihr wichtiges Learning aus diesem Lehrgang?

„Der Perspektivwechsel und die damit einhergehenden Effekte – nicht in der Haltung des Herstellers zu verharren, sondern mich in den Kunden hineinzuversetzen, auf die andere Seite zu wechseln. Kundenberatung, das heißt gezielte Vorbereitung und Fragestellung, aufbauende Nutzenargumentation sowie Sicherheit in der Gesprächsführung. Zur Nutzenargumentation wurde in diesem Lehrgang viel mit der Balanced Score Card gearbeitet und trainiert. Dieses Tool haben wir für einige Standardprodukte eingeführt, was in den Gesprächen mit den unterschiedlichen Positionen Produktion, Technik oder Einkauf die jeweiligen Big Wins herausstellen kann. In beiden Lehrgängen waren die kleinen Gruppen sehr von Vorteil, aber auch die Mischung aus Frontalunterricht und Gruppenarbeiten mit Brainstormings und verschiedenen Kreativ-Tools, die zum Einsatz kamen. Entscheidend für unser technikgetriebenes Servicegeschäft war aber die Praxisnähe der Trainer.“

Hatten Sie intern Schützenhilfe?

„Meine Initiative, gezielt in die Weiterbildung zu gehen, wird im Unternehmen weiter positiv gesehen und unterstützt. Unsere Serviceabteilung wird in den nächsten Jahren in den Umbruch kommen. Neu hinzukommende Kollegen, die noch wenig Erfahrung im Projektgeschäft haben, können sich auch beispielsweise mithilfe der Lehrgangsunterlagen der ISS Business School ganz gezielt in ein Thema einlesen und so im Tagesgeschäft Schritt für Schritt in ein Projekt hineinwachsen.“

Gibt es schon Neuerungen in Ihrem Bereich, die sich aus den Trainings heraus entwickelt haben?

„Eine ganze Menge! Das Thema Projektmanagement ist vollständig in das Tagesgeschäft übergegangen. Und aus dem Lehrgang ,Certified Fachberater Service´ ist eine Idee entstanden, die wir schon einige Monate danach, im Februar 2016, umgesetzt haben – den After Sales Day. Das ist ein Tag der offenen Tür der Abteilung Vertrieb Service, zu dem wir unsere Bestandskunden an den drei Standorten Schorndorf-Weiler, Urbach und Plüderhausen eingeladen hatten, um ihnen einen Blick hinter die Kulissen der verschiedenen Abteilungen zu gewähren und unser Service-Portfolio vorzustellen. Mindestens genauso wichtig war uns aber, den persönlichen Kontakt zwischen unseren Mitarbeitern und Kunden herzustellen, zu erfahren, welches Gesicht zu welcher E-Mail oder Telefonnummer gehört. Der After Sales Day ist so gut angekommen, dass wir ihn auf jeden Fall wiederholen werden. Ein erster Schritt, den Vertriebsservice gezielt mit Marketingmaßnahmen publik zu machen. Wir wollen als eigene Marke wahrgenommen werden.“

Ihr Servicebereich erfährt in den kommenden Jahren einen Umbruch. Wo geht die Reise hin?

„Wir im Service müssen mit dem Wachstum des gesamten Unternehmens Schritt halten. Unser natürliches Wachstum, also der reine Aufbau von Kapazität, stößt schon jetzt an Grenzen. Das heißt, wir müssen uns überlegen, wo wir neue Geschäftsfelder im Service aufbauen können. Der aktive Servicevertrieb ist da der Wachstumstreiber, vor allem auf globaler Ebene. Auch neue Serviceprodukte und Service-Dienstleistungen sind angedacht. Wir haben viel vor.“

Lieber Herr Schultheiß, wir danken Ihnen für dieses Interview und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Oskar Frech GmbH & Co. KG.

PS: Auch das Fachmagazin „Instandhaltung“ hat über die Zusammenarbeit zwischen der Oskar Frech GmbH + Co. KG und der ISS Business School berichtet: Digitalisierung – „Wir haben noch viel vor!“